Am 14. Dezember, nach fünfundzwanzig Tagen auf dem Atlantik, steuern wir die Bucht Cul du Sac de Marin an und sind erst einmal baff. Wir haben Martinique als erste Insel in der Karibik ausgewählt, weil sie zu Frankreich gehört, eine gute Infrastruktur bietet und weil das Einklarieren unkompliziert sein soll. Etwas Komfort nach der langen Zeit der Abgeschiedenheit dünkt uns sehr verlockend. Nicht vorbereitet sind wir auf den endlosen Wald aus Masten, der uns vor der kleinen Stadt Le Marin erwartet. Die Marina fasst über 700 Yachten, hunderte weitere Segelboote tummeln sich in der gut geschützten Bucht. Nach einigem Zögern ankern wir mitten im westlichen Ankerfeld, zwei Bootslängen Abstand zu den Nachbaryachten in jede Richtung. Naja... solange der Wind konstant aus der gleichen Richtung weht, sollte ja nichts passieren.
Mit dem Dinghy düsen wir an Land. Yuhuu, wir sind da. Lasst uns anstossen!
Einklarieren geht einfach. Bei der Tankstelle steht ein Computer, mit welchem man das Formular selbst ausfüllt, ein Stempel, eine Unterschrift vom Tankwart et voilà! Nach zehn Minuten sind wir offiziell eingereist. Die ersten Tage verbringen wir damit, auch innerlich einzureisen. Wir schlafen aus, ich an die zehn Stunden jede Nacht, schwitzen, essen Hamburger im Restaurant Mango Bay, trinken Rum in verschiedenen Variationen, schwitzen noch etwas. Natürlich kümmern wir uns auch um Internet und telefonieren ausgibig mit der Familie.
Fasziniert erkunden wir die weitläufige Bucht. Vom vergammelnden Seelenverkäufer bis zur blankpolierten Superyacht gibt es alles. Le Marin ist einer der grössten Häfen der Karibik. Ein ganzes Arsenal an Katamaranen wartet hier auf Chartercrews. Als sogennantes "Hurricane Hole" soll die Bucht ganzjährig Schutz für die Boote bieten. Nicht wenige Boote scheinen sogar schon seit vielen Jahren hier fest zu liegen. Angeblich kann man auf einigen sogar via Airbnb Ferien machen. Die stattliche Werft beeindruckt mit gleich zwei Travelliften, die Boote jeder Grösse an Land hieven können. Neugierig umrunden wir die schwimmende Plattform, auf welcher Boote mitten in der Bucht gewartet werden. Beim Herumfahren muss man aber aufpassen. Zwischen all den schwimmenden Yachten liegt immer mal wieder ein gesunkenes Wrack.
Traurigerweise werden wir selbst Zeugen eines Schiffsuntergangs. Eines Mittags qualmt es unweit unseres Ankerplatzes. Im ersten Moment denke ich noch, dass es da einer mit Grillen übertreibt, aber rasch wird klar, dass das Segelboot brennt. Zodiacs rauschen heran und versuchen, das Boot zu löschen, Polizei und Grenzschutz fahren auf. Als das Feuer offen an Deck lodert, werden die Löschversuche eingestellt. Später am Nachmittag, wir waren zwischenzeitig am Land, ragt nur noch der Mast aus dem Wasser. In einer Hafenbar hören wir, dass der Eigner bei dem Feuer ums Leben gekommen ist. Schrecklich! Und eine Mahnung an uns Seglerinnen und Segler. Seid vorsichtig im Umgang mit Feuer an Bord.
Wir verbringen einige Tage vor Anker, einige in der Marina. Dort geniessen wir die Duschen, denn in der Boote-überfüllten Bucht mag niemand baden. Le Marin ist ein Versorgungs-Paradies für Yachten. Ist es zugleich ein Umweltfiasko? Abwässer von allen Booten, von Marina und Werft konzentriert ins Meer, Wracks, die nie geborgen werden. Die Meinungen sind gespalten, sollen doch wegen der Zugehörigkeit zu Frankreich durchaus hohe Umweltanforderungen gelten. Wir fragen uns dennoch, ob wir mit unserer Segelreise nicht einem ungesunden Massentourismus frönen.
Entsorgen und versorgen ist hier leicht. Grosse Container nach EU-Mülltrennungssystem stehen in der Marina bereit. Zum Einkaufen fährt man mit dem Beiboot zum Dinghyparkplatz vor dem Supermarkt Leader Price. In Le Marin gibt es alles, was das Seglerinnenherz begehrt, ausser klares Meerwasser.